Den 5 mentalen Hindernissen begegnen – Part 1
“To the mind that is still, the universe surrenders”
- Lao Tzu
Wer sich auf den Weg der Selbsterkenntnis, der Selbsterforschung begibt wird unweigerlich eines Tages auf innere Hindernisse stoßen, oder feststellen, dass es an manchen Ecken und Enden partout nicht “weitergehen” will. Auch die plötzliche Erkenntnis, dass man vielleicht sein Ziel, welches man sich eigentlich fest gesetzt hat gar nicht mehr verfolgt und sich Fragen stellt wie: Warum? War es zu schwer? Vielleicht war es doch nichts für mich? Ach, das war ja eh irgendwie langweilig…!
Den eigenen Geist zu verstehen, kontrollieren zu können, dies sind Themen mit denen sich nicht nur der alte Yogi beschäftigt hat, sondern auch die Buddhisten. Und so findet sich hier eine interessante Geschichte, die Meister Shi Heng Yi erzählte, ein spannendes Beispiel, welches die Herausforderungen die uns Begegnen recht gut veranschaulicht.
Ein Mann lebt am Fuße eines großen Berges, er war jedoch noch nie oben. Eines Tages fasst er den Entschluss, dass sein Ziel ist auf den Gipfel zu steigen um die Aussicht dort oben selbst mit eigenen Augen zu sehen.
Er macht sich also auf den Weg und trifft recht schnell auf einen anderen Menschen, der gerade von oben runterkommt. Er spricht ihn an und fragt: “Erzähl doch mal, wie war der Weg nach oben und wie fandest du die Aussicht?”. Der Mensch berichtet ihm von seinen Erfahrungen und der Mann beschliesst innerlich: dieser beschriebene Weg klingt sehr schwer, ich werde lieber einen anderen wählen.
So ändert er also seine Route und trifft alsbald auf eine weitere Person, er stellt ihr die gleichen beiden Fragen. Auch diese Person erzählt ihm wieder von den Erfahrungen und erneut denkt sich der Mann: Uiii… auch das klingt ganz schön anstrengend, welchen Weg soll ich wohl nehmen? Welche Route wird wohl die Beste und Einfachste sein?
Diese Geschichte geht weiter und weiter und er fragt auch die nächsten Menschen nach ihren Erfahrungen und letztlich beschliesst er: nachdem ich von so vielen Menschen die Erlebnisse gehört habe, erfahren habe was sie oben auf dem Gipfel gesehen haben, brauche ich selbst nicht mehr dort hoch.
Das ist letztlich sehr tragisch für den Mann. Denn er hat sich nie auf seine eigene Reise begeben und seine eigenen Erfahrungen gemacht. Man kann noch so viele Informationen einholen, noch so vielen Geschichten lauschen, diese werden NIEMALS deine eigenen Erfahrungen ersetzen, wenn du selbst dort oben auf dem Gipfel stehst. Die Klarheit die du erfährst, wenn du mit den Anstrengungen, die für dich nötig waren dort hoch auf den Gipfel gestiegen bist.
Letztlich zielen all die verschiedensten spirituellen Praxen auf dieses “Ziel” ab. Klarheit im Geiste zu erlangen, denn Klarheit bedeutet auch ohne Hindernisse zu Erkennen. Die Notwendigkeit anderer Menschen Erfahrungen oder Worten glauben schenken zu müssen, wird verschwinden und durch die eigene Klarheit ersetzt, um zu erkennen, welche Entscheidungen du für DEINEN Weg, DEIN Ziel treffen musst.
Du kannst den Lebensweg von einem anderen Menschen nicht mit deinem eigenen Vergleichen.
I am not my body.
I am not my mind.
I am not my emotions.
It’s just that I can see all these three aspects of me.
Was sind nun die 5 Hindernisse | Widerstände denen wir begegnen?
Der Weg der Selbsterkenntnis kann für uns sein wie das Klettern auf einen Berg. Wir finden hier keine Hindernisse in Form von Stein, Schnee und Eis, sondern viel mehr geistige Hindernisse. Um den Berg im Geiste zu erklimmen können wir uns nicht auf die Erfahrungen von anderen Menschen verlassen, sondern müssen unseren eigenen, ganz individuellen Weg finden.
Das Wissen über etwas (die Erzählungen von anderen Menschen) ersetzt niemals das eigene Erleben, die eigene persönliche Erfahrung.
Und doch kann es Menschen auf unserem Weg geben, die uns durch ihre Erfahrungen eine Inspiration sein können; der Unterschied ist, dass sie uns inspirieren unseren eigenen Weg zu sehen und nicht ihren Weg als unseren eigenen anzusehen.
Auf diesem steinigen Pfad können uns also 5 verschiedene Arten an Hindernissen begegnen und diese werden wir uns nun etwas genauer anschauen.
Sinnes Begehren
Das Sinnesbegehren begegnet uns, wenn unser Geist sich auf etwas ausrichtet, dass uns ein positives Gefühl verschafft. Dies kann ausgelöst werden über unsere 5 Sinne: Sehen, Hören, Schmecken, Riechen, Fühlen.
Wenn du im Geiste also dabei bist den Berg zu besteigen und nach einigen Kilometern entdeckst du plötzlich ein wunderschönes Restaurant, gefüllt ist mit wunderschönen Menschen und dann riechst du die köstlichen Speisen… Wenn du dieser Versuchung nachgehst, hast du deinen Weg schon verloren und wirst nicht mehr deinem Ziel nachgehen den Berg zu besteigen.
Es geht nicht darum sich komplett im Verzicht zu üben, sondern vielmehr zu geniessen mit dem Wissen wann es Zeit ist weiterzuziehen.
Abneigung
Hier wird ein negativer Geisteszustand beschrieben, der entsteht, wenn wir gewisse Erlebnisse und Empfindung ablehnen. In der Psychologie spricht man dann von Erlebnisvermeidung (“experiential avoidance”).
Man versucht also aktiv bestimmte Erlebnisse zu vermeiden, so wie negative Gedanken, schlechte Laune, etc.
Um bei der Geschichte mit dem Berg zu bleiben:
Du besteigst den Berg und es beginnt zu regnen, aber du kannst Regen nicht leiden. Du stellst fest die Straßen sind holprig, aber du hasst solche Straßen. Um den Fluss zu überqueren müsstest du schwimmen, jedoch magst du schwimmen überhaupt nicht.
Was auch immer es ist das du nicht leiden kannst, es wird daraus keine schöne Reise für dich machen.
Um deinen Weg zu gehen, dir selbst treu zu bleiben wirst du leider manchmal Dinge tun müssen, die du nicht leiden kannst: So ist es nun mal.
Wenn du nicht lernen kannst von deinen Abneigungen (es können Dinge, Situationen oder auch Menschen sein) loszulassen, wirst du vermutlich deinen Weg nicht weitergehen.
Trägheit | Müdigkeit | Langeweile
Trägheit im Körper und Müdigkeit im Geiste. Dies sind typische Anzeichen, wenn wir sehr demotiviert sind oder uns in einem depressiven Zustand befinden. Dies kann dazu führen, dass wir uns im Geiste eingesperrt fühlen, als könnten wir nicht mehr klar denken und bewegen wollen wir uns oft auch nicht mehr.
Wir müssen versuchen dort auszubrechen, so schwer es uns auch fällt dort mental oder physisch auszubrechen.
Schritt für Schritt durch kleinste Änderungen, so dass jeder Tag wieder besser wird. Dies ist die einzige Möglichkeit um wieder auf deinen Weg zu finden.
Manchmal begegnet es uns auch in Form von einem Gefühl der Langeweile – ein Gefühl, welches wir möglichst schnell übertünchen wollen, meist unbewusst.
Innere Unruhe
Das ist der Zustand eines unruhigen Geistes, das bedeutet dein Geist kann nicht zur Ruhe kommen im Hier und Jetzt. Etwas, was wir ja auch über unsere Asana-Praxis – im Yoga allgemein – versuchen anzustreben: Unsere Gedanken zur Ruhe zur bringen, so dass unser Geist im Moment ankommen kann.
In der Zen Philosophie spricht man auch vom sogenannten “Monkey Mind” – um diese umher rennenden Affen (Gedanken) zur Ruhe zu bringen hilft es ihnen etwas zu geben, worauf sie sich fokussieren können.
Je mehr wir in den Widerstand gehen, desto wilder wird es und umso weniger können wir klar sehen.
Ein unruhiger Geist hängt entweder an Erlebnissen aus der Vergangenheit (die wir jedoch nicht ändern können), oder beschäftigt sich mit Problemen aus der Zukunft (die wir aber nicht vorher sehen können) – er will alles, nur nicht im Hier und Jetzt sein.
Zweifel
Zweifel sind oft sehr nahe mit dem Zustand der Unentschlossenheit verbunden. Schnell verliert man sich hier in seinen Gedanken: “Bin ich auf dem richtigen Weg?”, “Macht es überhaupt Sinn, was ich hier gerade tue?”, “Bin ich überhaupt gut genug dafür?” und “Was denken die anderen bloß über mich?”.
Es ist sehr schwierig in diesem Zustand deine Gedanken mit deinem Tun verbunden zu lassen und schnell wirst du dich nicht mehr in Einklang mit den Zielen und Wünschen fühlen, die du dir selbst gesetzt hast. Wenn dein Weg mit zu vielen Zweifeln gepflastert ist wird es wahrscheinlicher sein das du aufgibst, anstatt das du weiter gehst.
“Remember the present is the only moment that exists, and with it comes your ability to control what you are thinking.” – The Power Of Now
Wie gehen wir nun mit diesem neuen Wissen um? Wie können wir diesen 5 Hindernissen begegnen?
Wer in dieser Woche in meinen Sessions war, dem ist dieses Thema bereits kurzzeitig begegnet. Um diesen Artikel lesefreundlicher zu lassen, werde ich im nächsten Teil auf folgende Themen eingehen:
– Mentale Methoden für den Umgang mit diesen Hindernissen
– Wie kann uns die Meditationspraxis dabei unterstützen?
– Den 5 Hindernissen im Yin Yoga begegnen
Ich bin sehr gespannt auf den gemeinsamen Austausch mit euch. Wie hat dir diese Art von Inhalt gefallen? Worin hast du dich besonders wiedererkannt? Wie gehst du in entsprechenden Situationen damit um?
Ich hoffe, dieser Beitrag war für dich hilfreich auf deinem Weg und ich freue mich sehr über Austausch. Wenn du noch Fragen hast, schreibe sie gerne weiter unten in die Kommentare oder schick mir eine E-Mail.